Sammelalbum
1976


Popmusik ist nicht nur Musik...

Mit den Liedern "A Glass Of Champagne" und "Girls, Girls, Girls" ist die englische Pop-Gruppe "SAILOR" in die internationalen Hitparaden vorgedrungen. Die Mitglieder der "SAILOR": Georg Kajanus (Zwölfsaiten-Gitarre, Komponist, Textautor, Leadsänger). Grant Serpell (Schlagzeug). Phil Pickett (Klavier, Nickelodeon). Henry Marsh (Nickelodeon, Akkordeon).

JUNIOR-Mitarbeiter Bernie Sigg sprach mit Georg Kajanus, dem Gründer, Sänger, Gitarrist, Liederschreiber und Chef der britischen Pop-Gruppe "SAILOR".
Wie alt ist Ihr Publikum?
Kajanus: In England ist es sehr jung. Die jüngsten Zuhörer sind etwa zehn Jahre alt. Im übrigen Europa sind sie im allgemeinen älter... bis zu dreißig Jahre und mehr.
Versuchen Sie mit Ihren Liedern bewusst auch den Geschmack der Kinder zu treffen?
Kajanus:
Da bin ich, glaub' ich, wie jeder andere Songschreiber. Ich versuche zunächst einmal zu erreichen, dass das geschriebene Lied nach meinem eigenen Geschmack ist. Ich will nicht überheblich erscheinen, aber in erster Linie möchte ich Lieder schreiben, die mich selber glücklich machen. Wenn ich Lieder schreibe, denke ich nicht daran: Ah, dieses Stück könnte gut sein für eine ältere Zuhörerschicht, und diese Nummer will ich jetzt auf die Allerjüngsten zuschneiden. Ich sehe das Publikum immer als Ganzes vor mir.
In welchem Alter haben Sie zum ersten Mal bewusst Pop-Musik gehört?
Kajanus: Soweit ich mich erinnern kann, war ich da etwa 13. Ich habe Radio Luxemburg gehört. Musiker wie Lonnie Donegan waren damals aktuell. Wir sind dann nach Frankreich umgezogen, und dort habe ich mich in die Chansons von Jacques Brell und Edith Piaf vertieft. Später siedelte meine Familie nach Kanada um, wo ich eine tiefe Zuneigung zur Folk-Musik entdeckte. Damals griff ich auch zur Zwölf­saiten-Gitarre, die ich heute noch mit Begeisterung spiele. Sie sehen, musikalisch war ich sehr vielen Einflüssen ausgesetzt.
Wann sind Sie erstmals vor ein Publikum getreten?
Kajanus: Das war in Kanada, sehr wahrscheinlich. Da war ich 16 und habe in Kaffeehäusern gespielt.
Und wann haben Sie begonnen, ein Instrument zu spielen?

Kajanus:
Das war in Frankreich: Da habe ich angefangen, klassische Gitarre zu lernen; in einer Schulband habe ich nie gespielt. Ich betrachte mich ja auch nicht so sehr als Musiker. Meine Stärke ist das Liederschreiben. Und als Liederschreiber möchte ich bekannt und geachtet sein.
In welchem Alter sollte man anfangen, ein Instrument spielen zu lernen?
Kajanus:
Das kommt darauf an, welcher Musikart man sich zuwenden will. Wer klassische Musik machen will, der sollte schon möglichst früh damit beginnen. In der klassischen Musik wird sehr viel Wert auf Virtuosität gelegt, und diese kann man sich am besten aneignen, wenn man früh anfängt. Bei Popmusik ist das ganz anders. Popmusik ist nicht nur Musik, das ist auch Show, Gags, Ideen - ein Lebensgefühl. Das rein musikalische Können ist nicht so wichtig. Man muss sich und seine Musik auch dem Publikum verkaufen können.
Wie entstehen Ihre Lieder?

Kajanus:
Meistens kommt mir zuerst der Titel in den Sinn. Dann versuche ich daraus eine Idee für ein Lied abzuleiten. Und nachher arbeite ich diesen Einfall aus - immer vorausgesetzt, dass er mir gefällt. Es ist also nie so, dass ich an die Gitarre sitze und ein bisschen darauf herumklimpere, bis zufälligerweise etwas mir brauchbar Erscheinendes entsteht, wie das oft bei anderen Musikern geschieht. Unseren Hit "A Glass Of Champagne" habe ich zum Beispiel ganz bewusst als sehr eingängiges Lied geschrieben. Ich wollte einen Schlager schreiben. Das ist er dann glücklicherweise auch geworden.
Wie oft üben Sie?

Kajanus:
Eigentlich nie. Natürlich müssen wir die neuen Stücke, die wir schreiben, lernen. Aber nachher ersetzt die Bühne das Übungslokal. Auftritte geben mehr Übung, Selbstbewusstsein und Routine als ständiges, verbissenes Üben in irgendeinem Keller.
Aus welchem Grund heißt Ihre Gruppe SAILOR, was auf Deutsch 'Seemann' bedeutet?
Kajanus: Vor drei Jahren, als sich die Gruppe formierte, arbeitete ich an einem Bühnenstück, dessen Handlung sich in den Vergnügungsvierteln von Häfen abspielte. Da lag es auf der Hand, uns SAILOR zu nennen.
Waren Sie schon einmal Matrose?

Kajanus:
Nein. Aber ich habe mit den Matrosen viele Erfahrungen gemein. Ich bin viel gereist und habe das Gefühl kennengelernt, weit weg von Zuhause zu sein.
Weshalb sprachen Sie so leise während dieses Interviews?
Kajanus: Ich bin eigentlich ein etwas scheuer Mensch, vielleicht deshalb. Nicht auf der Bühne, aber privat!

Vielen Dank an Janette Herlinger (Wuppertal, Deutschland)!


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